Die erste auffallende Häufung von Herzbestattungen geschah im England des 13. Jahrhunderts, am ehesten im Zusammenhang mit der Kreuzzugsbewegung, vielleicht auch durch das Beispiel der Plantagenets, insbesondere des angevinischen Königs Richard Löwenherz (†1199).

Im 14. und 15. Jahrhundert verlangsamte sich der Anstieg, waren solche Bestattungen eher selten. Die Ursachen sind im Abflauen der Kreuzzugsidee und -bewegung und im Verbot des Papstes Bonifaz VIII., den Leichnam zu teilen, aus dem Jahre 1299 zu suchen. Im deutschen Reich entschieden sich noch im 16. Jahrhundert nur wenige für diese Begräbnisform, da das dynastische Vorbild fehlte. Anders war dies in England und Frankreich, da deren Monarchien diese Funeralform als dynastisches Ritual etablierten.

Für Frankreich galt dies auch noch im 17. Jahrhundert, während in England durch die Abspaltung der anglikanischen Kirche sich vor allem die Zahl der hochrangigen Kleriker, die eine solche Behandlung ihres Leichnams wünschten, reduzierte.

Hingegen kam es im Deutschen Reich zu einem deutlichen Anstieg, weil das Haus Habsburg und die Wittelsbacher die Zwei- bzw. Dreifachbestattung zur Familientradition machten (s. dort) und die kulturanthropologische Bedeutung des Herzens in der Gegenreformation einen Höhepunkt erreichte.

Prozentsatz der historisch belegten Herzbestattungen im Laufe der Jahrhunderte
Prozentsatz der historisch belegten Herzbestattungen
im Laufe der Jahrhunderte
Herzbestattungen in einzelnen Nationen, chronologisch geordnet
Herzbestattungen in einzelnen Nationen, chronologisch geordnet

Das blieb so bis ins 19. Jahrhundert, im 20. Jahrhundert wurde nur noch in Deutschland und in einigen wenigen, auch außereuropäischen Ländern eine geringe Zahl solcher Bestattungen vorgenommen bis zur letzten im Jahre 2011 in Ungarn. 

Weibliche Herzen wurden frühzeitig, bereits im 12. Jahrhundert, entnommen und beigesetzt, insgesamt jedoch deutlich weniger als männliche, etwa ein Viertel.

Chronologisch geordnete Herz- (und/oder Eingeweide-) Bestattungen. Anteil weiblicher Herzbestattungen
Chronologisch geordnete Herz- (und/oder Eingeweide-) Bestattungen,
Anteil weiblicher Herzbestattungen

Eingeschränkt ist die Validität dieser Zahlen dadurch, dass in den Recherchen des Autors nur etwa 50% der Bestattungen historisch belegt sind und insbesondere, was den niederen Adel und die Geistlichkeit betrifft, in den Kernländern England, Frankreich und Deutsches Reich einschließlich der ehemaligen Donaumonarchie noch viele solcher Begräbnisse nicht erfasst sind.

Statistik von Bradford
Statistik von Bradford

Die von Bradford erstellte Statistik ist bezüglich Herkunft und Systematik nicht definiert, ihr dürften vorwiegend englische Zahlen zugrunde liegen. Auch sie zeigt Häufigkeitsgipfel im 13., 17. und 18. Jahrhundert.

Die meisten Herzbestattungen fanden in Frankreich statt, gefolgt von den deutschsprachigen Nationen und England.

Nationenverteilung
Nationenverteilung

Abgesehen von den drei mitteleuropäischen Kernländern fanden Herzbestattungen in nennenswerter Zahl in den Ländern der ehemaligen Donaumonarchie, in Polen und in Italien statt. Sonst waren sie sehr selten. Allerdings dürften hier die Zahlen wegen der schwierigen Recherche zu niedrig liegen.

Tabelle: Herz- (und/oder Eingeweide-) Bestattungen in den übrigen europäischen und in den außereuropäischen Ländern

Europa
Polen92

Italien
41

Osteuropa (Bulgarien, Litauen, Slowakei,
Tschechien, Ungarn,
Ukraine, Weißruss-
land)
45

Holland und Belgien22

Schweiz
11

Malta, Zypern und
Griechenland
9

Spanien und Portugal
78

Schweden
1
Naher Osten
Ägypten, Israel und Syrien8
Außereuropäische
Länder
Bermudas, Indien,
Jamaika, Kolumbien, Mexiko, Sambia,
USA, Venezuela
13

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